Münkler: Die Zukunft der Demokratie

Wenn die Demokratie ein Eintopf ist, entspricht das Buch einem Kochlöffel, mit dem seine Inhalte aufgewirbelt, begutachtet, und im Hinblick darauf bewertet werden, ob und inwiefern sie zum Gericht passen. Man erhält eine Vorstellung optimistischer und pessimistischer Perspektiven aus der Vergangenheit und Gegenwart für die Demokratie und wird dadurch zu einem gewissen Grad auch geschichtlich situiert.

Dem Buch gelingt zum größten Teil sein Anspruch, unsere Verantwortung als Bürgerinnen und Bürger dafür fühlbar zu machen, aktiv am demokratischen Prozess teilzunehmen. Es ist in der Tat problematisch, wenn das Bewusstsein für den Wert dieser doch realen Möglichkeit klanglos untergeht, weil es stattdessen so einfach und bequem ist, bestehende Parteien oder Politiker zu bespotten und für politisch verloren zu erachten. Das Buch ist ein weniger moralisierender als informativer Appell, sich der Demokratie gegenüber verantwortlich zu fühlen und auch entsprechend aktiv zu sein.

Neben dem Begriff der Demokratie kommt auch der des Rechtsstaats mehrere Male vor, wobei das Verhältnis zwischen beiden Begriffen nicht wirklich thematisiert wird. Das hätte m.E. aber wirklich erhellend zum Thema des Buchs beigetragen, auch wenn dieses eher informativ, anstelle von unmittelbar politisch sein will.

Zwei Punkte haben nicht wirklich überzeugt:

  1. Die insgesamt eher zurückhaltende Bewertung sozialer Medien und des Internets für die Stabilität der Demokratie. Zwar ist völlig richtig, dass im Internet leicht Bubbles, Blasen, Echo-chamber bzw. Echokammern entstehen, die die Einzelnen von der Gesellschaft entfremden, und dass Falschinformationen leichter verbreitet werden können. Aber erstens können solche Blasen platzen, ohne dass dieses Platzen anti-sozial ablaufen muss. Zweites können die Gefahren von Desinformationen oder Bubbles nicht ohne die klassischen Vorteile bewertet werden, die das Internet - und kein anderes Medium - nun mal bringt. Das gilt um so mehr im Lichte der jüngsten Enthüllungen über die Einflussnahme auf soziale Medien durch gewisse Geheimdienste.

  2. Das Argument, dass der wachsende Wohlfahrtsstaat und die mit ihm einhergehende Bürokratisierung dadurch in Schach gehalten werden, dass die Mehrheit der durch Steuern und Abgaben belasteten auch die Mehrheit der Wähler darstellt. Zitat Kurt Tucholsky: „Das Volk versteht das meiste falsch; aber es fühlt das meiste richtig.“ Es ist also durchaus denkbar, dass Belastungsgrenzen überschreitet werden, ohne dass die Zusammenhänge richtig erkannt werden müssten. Bürgerinnen und Bürger können sich mit allerbesten Absichten in politische und ökonomische Misere wählen.

Dennoch: Gutes Buch, das Lesen hat Spaß gemacht und eine hilfreiche Lektüre, um den Wert der Demokratie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

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